Die drei Insolvenzantragsgründe

Das Gesetz benennt drei Gründe für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, Rudolf Flume erklärt sie Ihnen und was Unternehmer beachten müssen.

1. Zahlungsunfähigkeit

Die Zahlungsunfähigkeit ist der häufigste Insolvenzantragsgrund und ist dann gegeben, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Was sich so simpel und selbstverständlich anhört, entpuppt sich in der Praxis jedoch als komplex. Daher hat der BGH in höchstrichterlicher Rechtsprechung 2005 den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit konkretisiert, in der er sagt, dass Zahlungsunfähigkeit regelmäßig dann vorliegt, wenn:

  • der Schuldner 10 % oder mehr seiner fälligen Zahlungsverpflichtungen länger als drei Wochen nicht erfüllen kann,
     
  • und diese sogenannte Deckungslücke demnächst nicht vollständig oder fast vollständig beseitigt werden kann
     
  • und darüber hinaus dem Gläubiger eines Schuldners das Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist.

Im Umkehrschluss heißt dies, dass ein Unternehmen jederzeit in der Lage sein muss, mindestens 90 % seiner fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.

Der Geschäftsführer als Organ der Gesellschaft ist daher verpflichtet, jederzeit zu prüfen, ob das Unternehmen in der Lage ist, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Dazu zählen selbstverständlich nicht nur die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen gegenüber Lieferanten, sondern auch Verbindlichkeiten gegenüber Sozialversicherungsträgern, Mitarbeitern und der öffentlichen Hand, sowie Zins- und Tilgungsleistungen.

Sollte sich zum Monatsende durch Zahlungsverpflichtungen gegenüber Krankenkassen und Mitarbeitenden eine solche Deckungslücke auftun, so öffnet der BGH hier mit der oben genannten Drei-Wochen-Frist die Möglichkeit, eine Deckungslücke wieder schließen zu dürfen. Trotzdem sollte jeder Geschäftsführer diese Legaldefinition durch den BGH vor Augen haben, insbesondere dann, wenn er bereits die ersten Indikationen für eine Krise (Ertragsschwäche, Liquiditätsschwäche) in seinem Unternehmen erkennt.

 

2. Drohende Zahlungsunfähigkeit

Auch die drohende Zahlungsunfähigkeit ist ein Insolvenzgrund, wenn schon heute absehbar ist, dass das Unternehmen in der Zukunft nicht in der Lage sein wird, seine bestehenden Zahlungspflichten zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Als Prognosezeitraum für diese zukünftigen Zahlungsverpflichtungen wurden bisher das laufende sowie das nächste Geschäftsjahr des Unternehmens angesetzt. Dieser Zeitraum wurde durch das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) auf den Prognosezeitraum von 24 Monaten erweitert.

Ein Unternehmer muss also heute, insbesondere bei ersten Indikationen einer Krise des Unternehmens, diesen erhöhten Planungs- und Überwachungsfunktionen zwingend nachkommen, und diese auch entsprechend dokumentieren, wenn er Haftungsrisiken für sich minimieren will.

 

3. Überschuldung

Die Überschuldung als Insolvenzeröffnungsgrund liegt dann vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist den Umständen nach überwiegend wahrscheinlich.

Die bilanzielle Überschuldung ergibt sich aus dem Jahresabschluss und kann damit auch unterjährig im Rahmen der Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung regelmäßig überprüft werden.

Die positive Fortführungsprognose ist wesentlich abstrakter und komplexer. Mit der Fortführungsprognose liefert der Unternehmer den Nachweis, dass das Unternehmen trotz einer (bilanziellen) Überschuldung seine bestehenden wie zukünftigen Zahlungsverpflichtungen durch entsprechende Zahlungseingänge wird decken können.

Als Prognosezeitraum wird in der Regel das laufende sowie das nächste Geschäftsjahr angenommen.

Mit der Nennung dieser drei Gründe für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens besagt das Gesetz gleichzeitig auch, dass ein Insolvenzverfahren nur dann eröffnet werden darf, wenn zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung einer dieser Gründe auch tatsächlich eingetreten ist.

Zwischen den Zeilen steht damit auch, was den meisten Unternehmern nicht bewusst ist:

Ein gestellter Insolvenzantrag kann – bis zum Tag der Eröffnung des Verfahrens – jederzeit zurückgenommen werden. Wenn sich also nach dem Einreichen des Insolvenzeröffnungsantrags die Umstände zum Positiven wenden, in dem die Gesellschafter frisches Geld zur Verfügung stellen, oder wertberichtigte Forderungen eingehen oder Lieferanten Teilverzichte auf ihre Forderungen erklären, so können der Insolvenzantrag zurückgezogen und das Unternehmen in seiner bisherigen Form weitergeführt werden.

 


Dieser Beitrag stellt keine rechtliche Beratung dar, und ersetzt nicht die Konsultation eines Fachanwalts für Insolvenzrecht. Vielmehr dienen dieser Beitrag und alle vorherigen und nachfolgenden Beiträge zu dem Thema „Insolvenz, verständlich erklärt!“ dazu, Geschäftsführer und Gesellschafter von Kapitalgesellschaften für das Thema Insolvenz zu sensibilisieren. Daher wird bewusst darauf verzichtet, Paragrafen und Gesetzestexte zu zitieren, sondern in verständlichen Worten die komplexen Sachverhalte um das Thema Insolvenz verständlich klarzumachen.

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Rudolf Flume Geschäftsführer/Gesellschafter Bankkaufmann Dipl. Kfm. (Schwerpunkt Finanzen und Controlling) Geprüfter ESUG-Berater (DIAD)
Rudolf Flume Geschäftsführer/Gesellschafter